103. Tag in Hanoi-7. August 2010
Ausflug nach Chua Hong- Regen an der Parfümpagode
Ich habe Besuch aus China, meine alte Studienfreundin aus Beijing ist für zwei Wochen nach Hanoi gekommen. Was also am Wochenende tun: „Parfüm Pagode“, das klingt duftig und verlockend in den Reisführern und die Anlage ist nur 60 km von Hanoi entfernt. Also borge ich mir ein Moped und am Samstagmorgen sausen wir aus der Stadt. Moped fahren ist nicht halb so entspannend wie radeln, besonders hier in der Stadt und bei dem starken Verkehr auf der Ausfallstraße ist es richtig stressig. Gestern Abend hatte ich meinen ersten kleinen Unfall (ohne Alkohol), weil noch ein Mopedfahrer meine grüne Ampel gequert hat, glücklicherweise nur eine Schürfwunde bei mir und ein platter Reifen am Moped. Der querende Fahrer hat möglicherweise gar nichts realisiert, denn es gibt nur eine Blickrichtung: vorwärts.
Erst 20 km außerhalb wird es etwas ruhiger, aber dafür schön staubig, doch die zweite Hälfte der Strecke fährt sich dann recht gut auf ruhigen Straßen. Wir sind nach Süden aus der Stadt hinaus gefahren und dann durch zwei kleine Städtchen übers Land bis nach Dai Nghia (My Duc). Kaum etwas ist ausgeschildert, aber die Passanten wissen, wohin wir wollen. Gegen 12 Uhr sind wir am Ziel in Huong Son, einem winzigen Städtchen. Hier gibt es einen Flusshafen mit vielen kleinen Booten und ein paar einfachste Hotels. Für 200.000 Dong bekommen und für einen ähnlich dicken Preis auch ein Mittagessen, endlich mal wieder keine Nudeln, sondern ein fast chinesisches Gericht, Sojasprossen und Rindfleisch aus dem Wok. Im Hafen vor dem Hotel liegen zahlreiche Boote, alles recht rostige Blechkähne. Die Touristen haie sind auch schon da, man hat keine Wahl und kann sich nirgends informieren, alles ist hier in der Hand der Schlepperbande. Wir entschließen uns für die kleine Tour heut und die größere am nächsten Tag. Wenig später sitzen wir im rostigen Blechkahn und eine magere Vietnamesin am Ruder und dann geht es auf den Fluss hinaus. Durch ein schönes Karst-Tal führt der kleine Fluss recht romantisch hindurch, bei dem Regen sind nur wenige Boote unterwegs, aber nach dem Neujahrsfest Tet, beginnt hier die Festival Saison, dann sind an den Wochenenden 5000 Boote auf dem Gewässer und selbst die kleinen Boote werden dann mit bis zu zehn Vietnamesen besetzt. In Ausländer umgerechnet ungefähr 4 bis 6, je nach Herkunftsland und Ernährungsstatus.
Schon nach wenigen Augenblicken tut der Himmel das, was er schon seit einer Stunde angedroht hat, er schüttet sich aus. Zum Glück haben wir die Regenüberhänge vom Moped dabei, nur meine Umhängetasche mit dem Handy wird total nass und das Mobilteilchen fällt danach komplett aus, vielleicht auch einmal ein Segen, so ein mobilfonfreies Wochenende.
Im Regen rudert uns unsere Vietnamesin bis zu einem kleinen Tempel, nichts Welt bewegendes. Vielleicht liegt es auch daran, dass es nur wenige Mönche im Lande gibt, nicht wie in China oder in Burma, wo die meisten Tempel von einer größeren Zahl von Mönchen bewohnt werden. Zu Fuß geht es dann noch zu einer kleinen Tropfsteinhöhle, davor ein buddhistischer Altar mit ein paar Gottheiten. Der einzige Mönch führt mich mit der Taschenlampe durch die kleine Tropfsteinhalle und erklärt mir auf Vietnamesisch, welche Figuren meine Fantasie jetzt hier erkennen müsse. Einiges ist nicht schwer, bei anderem habe ich dann doch eher eine kreative Lücke. Aber vielleicht bin ich da von meiner Jugend her vorbelastet, denn mein Vater bewahrte in meinem Kinderzimmer seine Mineraliensammlung auf. Toll, dann eine Freundin mitzubringen: „Hey Kleines, willst du mal meine Mineraliensammlung sehen und am Steinsalz lecken.“ Aus heutigem Standpunkt hätte man da was draus machen können, aber nicht als 14 oder 15 jähriger Jungspund, der immer nur wissen wollte, wann der Vater seine „Steine“ (im besten Falle) oder sein „Geröll“ (bei eskalierenden Diskussionen) aus dem Zimmer räumt.
Zurück in den vietnamesischen Karst, bei schönem Wetter hätte man eine tolle Aussicht vom halben Wege, aber bei Regen muss man auf jeden Schritt auf dem glitschigen Untergrund achten.
Beim Zurückrudern wird dann das Wetter wieder besser, aber der Ort hat für den Abend wenig zu bieten. Gegen 18.30 werden die Bürgersteige hochgeklappt, zu Essen gibt es nur noch Instant-Nudeln und in der Bierhalle sind wir die einzigen Gäste und auch da werden wir 20.30 Uhr rausgefegt.