67. Tag in Hanoi- Donnerstag, der 1. Juli 2010

Geburtstagsfrust und warum das Leben in Vietnam trotzdem so angenehm ist

Der Geburtstag spielte früher in Vietnam keine große Rolle und wurde nicht gefeiert oder begangen und Geburten wurden auch nicht zentral mit Datum registriert und das bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts. Das ist auch eine Erklärung dafür, dass Onkel Ho Chi Minhs Geburtstag nicht bekannt ist und er ihn vermutlich auch selbst nicht kannte. So kann es also in Vietnam durchaus passieren, das man auf älte Leute trifft, die nicht wissen wie alt sie sind. Was für viele Leute ein Fluch ist, wäre doch für andere wieder ein Segen, könnte man dann doch in den Onlineforen gleich das gefühlte Alter angeben. Und es ist schon beunruhigend, wenn es nun geradlinig auf die 50 zugeht und wenn ich mich an 50jährige Jubileen in meiner Kindheit erinnere, da waren das immer Partys von schon schrecklich alten Leuten.

Aber natürlich hat der Handel und die Volkswirtschaft auch hier in Vietnam den Geburtstag für sich entdeckt und für Kinder und Jugendliche ist nun zumindest eine große Torte ein muss. Dafür gibt es dann in der Stadt unzählige Konditoreien, die auf die Herstellung der garantiert  an natürlichen Zutaten und Aromen freien Geburtstagstorten spezialisiert sind. Die Dinger enthalten tonnenweise Kalorien und schmecken nicht ganz so scheuslich bunt, wie sie aussehen. Glücklicherweise bekommt jeder immer nur ein kleines Stück davon.


Aus oben genannten Gründen feiere ich heute auch nicht, sondern Peter und ich verleiben uns dann einen dicken Eisbecher ein. Eigentlich wollte ich dann noch in ein teures Restaurant, aber da weder Peter noch ich Hunger haben, gehen wir einfach ins Bia Hoi um die Ecke auf eine Portion Pommes und zwei Bier und morgen ist ja noch ein Arbeitstag hier im heißen Lande. Am Abend habe mache ich mir ein paar nette Gedanken dazu, warum es sich, zumindest als Ausländer, hier so angenehm lebt. Es fehlt einfach an jeglicher Bürokratie, die einem das Leben versauert und man kann hier wirklich tun und lassen, was man will, keiner nimmt einem etwas übel, wenn es nicht läuft, man ist halt Ausländer, aber alle zollen einem Respekt für drei halbfalsche Worte auf dem Markt.

Das aber die Bürokratie gleich um die Ecke hockt, zeigte der Ausflug zur Chinesischen Botschaft heute. Bearbeitungszeit 5 Tage und Preis 30 USD, das ist man ja gewöhnt, und ich war vorgewarnt und hatte einen Wisch meines Arbeitgebers dabei, der der Reise zustimmt. Doch dann kam Problem Nr. 1, in Peters Pass war noch ein gültiges Visum, bis zum 2.07., die Reise hatten wir wegen der Aschewolken nicht angetreten. Ich solle wiederkommen, wenn das Visum abgelaufen sei. Ich versuche zu argumentieren, dass es nach Ablauf der Bearbeitungsfrist schon abgelaufen wäre und kann mich nach 10 Minuten Disskusion auch durchsetzen, dann Problem Nr. 2, in meinem Pass ist nur noch eine Doppelseite frei, ich zücke meinen Zweitpass, aber so etwas hat man hier noch nicht gesehen, eine Person und zwei Pässe, wieder vergehne fünf Minuten der Disskusion und dann reicht die Doppelseite im alten Pass doch noch. Zum Schluss kassieren sie auch noch meine letzte Passkopie ein und damit muss ich jetzt das Wochenende in Hanoi bleiben und verballere am Montag völlig sinnlos einen Tag Urlaub, traurig, traurig.

Und in meiner Mailbox befinden sich dann die Relikte der deutschen Bürokratie, trotz eindringlicher Bitte, mehrfachen Hinweisens und ausdrücklicher Zahlungsbereitschaft, ist das Finanzamt nicht in der Lage mir eine kurze Mail mit Höhe der Steuerforderung und Bankverbindung zu schicken. Dafür hängt jetzt im Amt ein öffentlicher Aushang und ich komme mir vor wie im „per Anhalter durch die Galaxis“. Weiteren Stress gibt es natürlich wieder einmal mit der Bank, die auf Mails grundsätzlich nicht antworten und die Krankenversicherung schickt auch Mahnungen, obwohl ich eine schriftliche Kündigung in den Händen halte. Und hier in Hanoi, hier kann ich einfach nur so vor mich hinleben, wie die Vietnamesen auch, abends noch einmal raus auf die Straße auf ein Bia Hoi oder einen Milchshake oder eine Nudelsuppe…….eigentlich schade, dass ich nur einen Vertrag für sechs Monate habe.

3 Reaktionen zu “67. Tag in Hanoi- Donnerstag, der 1. Juli 2010”

  1. Edith Kandorfer

    Na dann, unbekannterweise HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH !!! Auch ein „Krebslein“ …….!
    Dann lass es dir mal gutgehn, lass dich vielleicht doch ein bisschen feiern (TUT TROTZDEM EINFACH GUT !!!) trotz widerlichem Bürokratismus und sturem Beamtemtum !
    Glaub mir, ich bin auch voriges Jahr 50 geworden …. tut nicht wirklich weh, aber angenehm ist auch was Anderes ! WIR, sind ja nicht ALT, dass sind immer nur die ANDEREN … selbst kommt man sich ja nicht so vor !
    In diesem Sinne noch einen schönen Geburtstag und lg aus Kärnten
    Edith

  2. Edith Kandorfer

    Ups, wollte dich nicht älter machen als du bist …….!!! Lt. homepage von China by bike bist du ja Baujahr 1968 … da hast du ja noch MASSENHAFT ZEIT !!!!
    Sorry …

  3. tom

    …aber nominal geht es doch schon in die richtung 50, aber letztlich ist man ja lediglich so alt, wie man sich fühlt und da kann ich gut und gerne wieder 20 jahre streichen….danke für die glückwünsche!

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