40. Tag in Hanoi- Donnerstag, 3.Juni 2010
Der mysteriöse Mr. H
Morgens radeln wir wieder am Ho-Chi Minh Mausoleum vorbei und Peter bestaunt die lange Schlange davor, vor allem Vietnamesen und Ausländer, die in Viererreihen darauf warten, am Körper des Vaters des modernen Vietnam vorbei zu marschieren. Ich werde mit Peter irgenwann noch einmal hineingehen, oder vielleicht einen Klassenausflug organisieren und Peter mitnehmen, ich selbst war schon drei mal mit meinen Reisegruppen beim Genossen. An einem kleinen Häuschen eine Sicherheits -und Gesichtskontrolle. Taschenmesser, Fotoapparate, Handys, alles wird einkassiert und man kann es sich danach wieder abholen. Humorlos Soldaten achten auf angemessene Kleidung und nicht nur einer Gruppe amerikanischer Touristinnen mit dicken Hintern wird ein Wickeltuch für die freigelegten Schenkel verabreicht. Auch einen Vietnamesen im T-Shirt greift die Staatsmacht und er muss sich irgenwo ein langes Hemd besorgen.
Hinter dem Kontrollhäuschen werden die Reihen geordnet, 2 mal 2 Personen nebeneinander, eine Doppelreihe für die rechte Seite, eine Doppelreihe für die linke Seite, dann geht es langsam vorwärts. Jeder Ansatz eines lauten Wortes oder gesprächs wird sofort erstickt, finstere Guards bringen die Leute zum ehrfürchtigen erstummen. Langsam nähert man sich dem Eingang zum Mausoleum. Hier flankieren weiß gekleidete Gardeoffiziere die Tür. Diese sind bnicht so versteinert, wie si müssten, ich blinkere einem zu und er blinkert zurück und denke: „Na, ja, es geht doch!“
Im Raum ist es empfindlich kühl, so um die 16 bis 18 Grad braucht Onkel Ho für seinen Frischhalteschlaf, in der Mitte ist er aufgebahrt und mand marschiert ohne stehen zu bleiben langsamen Schrittes an ihm vorbei. Halb zugedeckt liegt er hier im Glaskasten und muss sich bestaunen lassen. Kosmetik und Pflege und maniküre erfolgen in Moskau, im Herbst schließt der Laden deswegen und der Glaskasten geht auf Reisen ins ehemalige Mutterland des Sozialismus. Die haben die meisten Erfahrungen dort im Balsamieren, schließlich haben sie sich jahrzehntlang um Lenin und ein paar jahre auch um Mao gekümmert.
Am Nachmittag will ich mein Wissen über Onkel Ho ein wenig aufbessern, doch viel mehr als das Wikipediawissen gibt es nicht, denn es ist auch nicht viel bekannt und Ho Chi minh wusste seine geheimnisse zu hüten und sagt 1962 einem Journalisten: „Ein alter Mann behält seine kleinen Geheimnisse gern für sich.“ Und so wird gerne gemunkelt ob er denn nun Frauen, Freundinnen und Kinder habe und niemand mag (oder kann) das geheimnis lüften. Ein vietnmesischer general mit verblüffender Ähnlichkeit und seiner Familie in einer Grenzregion des Landes, in der sich Onkel Ho gern aufgehalten hatt, wurde zur vaterschaft Onkel Hos befragt und die Antwort kam prompt: „Natürlich ist Ho Chi Minh mein Vater, er ist der Vater aller Vietnamesen!“
Bekannt ist nicht einmal sein Geburtsdatum, es wird immer nur der 19.5.1890 gemutmast und da er am Nationalfeiertag starb, wurde sein Todestag um einen Tag verlegt, vom 2.9. auf den 3.9.69 und die Korrektur erst in den 90er Jahren wieder revidiert.
Da er sein halbes leben lang auf der Flucht war lebte er unter zahlreichen Pseudonymen und auch der Herr Ho mit dem klaren Willen, also Ho Chi Minh war nur ein solcher Name.
Ansonsten war er viel auf Reisen in seiner Jugend, Frankreich Moskau und Beijing standen auf der Liste, Jobs als Küchenhelfer, ebenso wie Treffen mit allen großen Revolutionären seiner Zeit wie Ernst Thälmann, Zhou Enlai, Bucharin, aber auch Jiang Kaishek (Maos Gegenspieler).
Außerdem war er nie ein Hardliner und versuchte immer auf einem mehr oder weniger gemäßigtem Wege seine Ziele zu erreichen, er gilt wohl er als ein starker Nationalist als Kommunist und hat sich nie durch die Massenproduktion von pseudowisseschaftlichen Schriften hervorgetan, es gibt also keinen Ho-Chi- Minhismus.
Im großen und ganzen scheint er ein sehr symphatischer und friedlicher Mitmensch gewesen zu sein, sehr bescheiden und zurückhaltend und die einfache Holzhütte, die er sich hat hinter dem Präsidentenpalast errichten lassen bestärkt diesen Eindruck noch. Soll Peter also ruhig Ho Chi Minh Fan bleiben, mal sehen ob ich ein paar nette Devotionalen für ihn auftreiben kann.