30. Tag in Hanoi
Thomas und Peter im Wunderland
Ein Monat ist wie im Handumdrehen vorbei, der Unterricht läuft gut und mit dem Leben hier haben wir uns einigermaßen vertraut gemacht. Trotzdem gibt es immer wieder viel Neues zu entdecken. Und wenn ich abends müde ins Bett falle, freue ich mich hier zu sein.
Ich hole Peter heute zeitiger ab und wir machen noch eine kleine Stadtrundfahrt. Unser Ziel ist die Eisenbahnbrücke über den Roten Fluss.
Vier Brücken gibt es in der Stadt und drei davon stammen noch aus der Kolonialzeit. Entsprechend bündelt sich hier der Verkehr. Die alte Eisenbahnbrücke ist ein Erlebnis. Fast drei Kilometer geht es über die beiden Arme des Roten Flusses. In der Mitte ein Gleis und rechts und links noch einmal drei Meter Fahrspur, nur für Mopeds. Die ganze Stadt scheint damit beschäftigt zu sein auf der Brücke hin- und her zu fahren und wir reihen uns in den dichten Mopedstrom ein. Zuerst geht es über einige Straßen und an einem Großmarkt vorbei, dann kommt der erste Arm des Flusses. Hier dümpeln ein paar Hausboote vor sich hin. Die Bank in der Mitte ist zur Gemüseanbauzone geworden. Viel sattes Grün, das ansonsten in der Stadt fehlt. In der Mitte der Brücke wird diese etwas breiter und es gibt auf beiden Seiten einen kleinen Markt mit Gemüse und Fisch, perfekt für die faulen Vietnamesen gemacht, Shopping vom Moped im Vorbeifahren. Im Hintergrund liegen die Umrisse der Stadt. Zwei Hochhäuser sind im Bau und das war es dann auch, alles andere sind die typischen schmalen Gebäude Hanois, die aber auch manchmal bis zu sechs Stockwerken hinauf ragen. Eigentlich auch wieder ein Bild wie aus einem Märchenbuch, keine durchgehende architektonische Linie, sondern Jahrzehnte des Bauens übereinander, ohne Stil und ohne Konzept, einfach pragmatisch aller fünf Jahre noch ein Stockwerk obendrauf, weil die Familie größer geworden ist. Und auch nach einem Monat fühle ich mich hier noch, wie in einer anderen Welt oder in einem Film, überall nur Menschen, auf Mopeds oder Fahrrädern, mehr oder weniger schwer beladen, überall Stände, meistens nach Straßen und waren geordnet. An der Uferstraße gibt es einen Kilometer lang nur Brot zu kaufen, dann kommen Blumen, biegt man ein fährt man durch ein kleines Tor in die Altstadt. Wieder ein kleiner Laden nach dem anderen, buntes Spielzeug, dann Süßigkeiten und Kaffe und dann an der Bahnlinie nur Kindersachen, Bude an Bude und dann Obst, fast 50 Meter nur Bananen, dann wechselt die Frucht.
Auf solchen Fahrten genieße ich es hier zu sein, überall geschäftiges Treiben und ich bin mittendrin und habe eigentlich nichts damit zu tun und kann mich einfach satt sehen. Peter hat es da hinten auf den Rad noch bequemer, er braucht nicht zu strampeln und kann einfach in Ruhe nur gucken. Aber müde macht so eine Rundfahrt trotzdem und so starten wir dann auch gleich unser Abendprogramm: Nudelbude, Duschen und Wäsche waschen, Vorlesen und dann ab ins Bett.