21. Tag in Hanoi
’Bia Hoi’ in Hanoi
Samstag heißt Ausschlafen, doch leider wissen das Wetterbuddhas nicht, 5.30 Uhr morgens fängt es mächtig an zu rumpeln und in Gewitter erster Güte schüttet sich aus über Hanoi. Blitze zucken und dunkle Donner grollen, Regen prasselt auf unsere Terrasse. Ich nehme mir meine Besen und gehe aufs Dach und beginne mit der nächsten Reinigungsstufe, doch leider ist der Regen nicht von langer Dauer und so schaffe ich nur bei einem Drittel der Terrasse, die weiße Farbe wieder hervor zu zaubern. Und Peter ist leider auch schon wach geworden. Kaum ist das Unwetter vorbei, beginnen die Bauarbeiten eine Straße weiter, an langes Schlafen nicht zu denken.
Ich besorge uns frische Baguettes und Wurst und wir starten ein Frühstück, aber Peter ist etwas leidig und quengelig. Eigentlich wollte er wieder zur Familie von Huong, aber jetzt will er nicht mehr. Ich bin sauer, weil die Mutter extra gekommen ist, um Peter abzuholen, mein Plan war, heute alle meine Vorbereitungen und Arbeiten zu machen und am Sonntag mit Peter wegzugehen. Alles hilft nichts und natürlich komme ich dann mit Wäsche waschen, Saubermachen und Unterricht planen gar nicht schnell voran.
Mittags gehen wir eine Runde, eigentlich wollen wir Nudelsuppe essen, aber wir entscheiden uns dann doch für einen Stand mit Nudeln und frittiertem Tofu, danach ist dann Mittagsschlaf angesagt. Fast drei Stunden schlafen wir, dann kommt mein Kollege Steffen vorbei, er verlässt morgen in aller Frühe das Land und tauscht bei mir seine letzten Millionen in Euro zurück.
Er will morgen nach Bangkok fliegen und hat extra noch einmal umgebucht, doch aus Bangkok kommen nur Horrornachrichten, 16 Tote an einem Tag bei Straßenschlachten. Haben die Thais im letzten Jahr durch die Besetzung des Flughafens ihren Tourismus fast ruiniert, dürfte die Saison in diesem Jahr damit auch gelaufen sein. Die Anhänger der korrupten Exregierung wollen diese zurück und verbarrikadieren sich. Auf der anderen Seite stehen die Anhänger Lobbyregierung für die Reichen im Süden, richtig voran bringen dürfte das Land keine der beiden Fraktionen, es ist fast wie zu Hause, nur das es bei uns deswegen noch keine Straßenschlachten gibt. Ich hoffe nur, dass sich bis Ende des Jahres die Lage wieder stabilisiert hat, denn dann habe ich ja wieder unsere Tour durchs „Goldene Dreieck“.
Mit Peter drehe ich noch eine Rinde im Viertel und wir entdecken kaum 500 Meter von unserem Haus entfernt einen kleinen See. Hier gibt es eine kleine „Bia Hoi“ Kneipe, Fassbier und ich bekomme ohne zu Handeln den Lokalpreis. Das ist hier in der Stadt eine Ausnahme, als Ausländer ist man faktisch dazu verpflichtet, den wirtschaftlichen Aufschwung des Landes durch überteuerte Preise zu unterstützen, Handel ist nicht möglich, selbst meine „Dann-geh-ich-halt-wieder-Taktik“ zieht nicht, die lassen die Langnase wirklich wieder gehen – ich will wieder nach China zurück!
Nein, ganz so schlimm ist es nicht, ich denke meine Baguetteverkäuferin und mein Supermarkt berechnen mit inzwischen auch den Lokalpreis.
Zurück in die Bierkneipe, die ist besser als die bei mir um die Ecke, man sitzt schön am Ufer des Sees und kann das Abendlicht genießen und eine frische Briese und die Leute beobachten. Am Nachbartisch sitze ein Mafiosi mit langen Fingernägeln, das zeugt davon, dass man nicht Arbeiten braucht und auch nicht gewillt ist, dies zu tun. Er ist in Begleitung zweier Damen in meinem Alter, die ich ohne Probleme sofort und ohne Umschweife mit hätte aufs Zimmer nehmen können und natürlich nicht zum Putzen. Doch mangelt es an meiner Bereitschaft dazu, ich putze selbst!
Das Fassbier ist angenehm leicht und süffig, bayrisches Starkbier würde hier jeden recht schnell umhauen, aber so ist es dann doch eher ein Erfrischungsgetränk. Auch hier ist der Chef eine Frau und es scheint im Allgemeinen so zu sein, dass die Frauen im kleinen und mittleren Business der Chef sind und zu Hause haben sie sowieso die Hosen an. Ich glaube, einige der Gäste hier im „Bia Hoi“ haben zu Hause nicht viel zu lachen, aber es gibt auch sehr angenehme Ausnahmen, wenn Pärchen hand in Hand mit ihrem Kind spazieren gehen.
Peter verschlingt eine große Portion Pommes und dann gehen wir zurück ins Haus, Peter vergnügt sich noch lange bei den Kindern des Nachbarn und hat wieder ein paar Mückenstiche mehr, aber ich kann ihn nicht jeden tag mit den Chemikalien von oben bis unten einsprühen, dass ist auf die Dauer noch schädlicher. Dafür schaffen wir es jetzt unser unserem Moskitonetz eine insektenfreie Zone zu schaffen und wenn ich morgens das haus verlasse, gehe ich auch noch einmal mit der Chemokeule durchs Haus, dann lebt es sich am Abend angenehmer.