6. Tag in Hanoi
Feuerwerk über Menschenmassen
Heute beginnt nun das lange Wochenende, die Vietnamesen brauchen vier tage nicht zu arbeiten. Heute vor 35 Jahren haben die letzten Amerikaner das Land verlassen, der grandioseste Triumph in diesem Lande und eine der erstaunlichsten militärischen Leistungen überhaupt, aber dazu in späteren tagen noch ein paar Worte mehr. Morgen ist dann der Erste Mai, Kampf und Feiertag der Arbeiterklasse hieß es im Osten und hier, Tag der Arbeit auf der dunklen Seite dieses Planeten. Da dieser Tag in diesem Jahr auf ein Wochenende fällt, darf am Montag auch noch zu Hause geblieben werden.
Peter und ich haben wieder einmal jede Menge kleiner Sachen zu tun und am Nachmittag treffen wir uns mit einer Freundin. Sie heißt Chung und ist natürlich sofort von Peters Charme verzaubert. Der kleine ist hier mein kleiner Zauberer und umgarnt alle Leute und so habe ich viel Hilfe hier in unserem neuen Leben.
Auf der Straße sind heute ausnahmsweise auch einmal viele Fußgänger zu sehen, aber die masse ist wie jeden tag auf dem Moped unterwegs. Dieses ist hier das optimale Familienfahrzeug, mit einer Kapazität von zwei Erwachsenen und zwei Kindern, denn auch hier in Vietnam gibt es eine Geburtenkontrolle, allerdings sind zwei Kinder pro Familie erlaubt.
Wir mischen uns unters Volk und haben unterwegs guten Vietnam Kaffee, für Peter einen großen Eisbecher und gehen in ein leider nur mäßiges Restaurant essen. Das größte Ereignis des Tages steht aber noch bevor, nämlich ein Feuerwerk.
Am Vortag haben wir die Lage ja schon erkundet und wissen nun, wo die besten Standplätze sind. Mein Lieblingsplatz wäre natürlich oben auf einer Terrasse gewesen, aber das lässt uns der Besitzer nicht rauf, also geht es weiter direkt zum Kiem-See. Gegenüber der roten Brücke finden wir noch ein wenig Platz direkt am Ufer. Obwohl wir noch eine Stunde bis zum Beginn des Feuerwerkes haben, haben sich schon Tausende von Menschen eingefunden, der Platz am See ist komplett mit Mopeds gefüllt und man kommt nur noch sehr schwer durch.
Das Warten ist ein wenig langweilig und es wird immer enger am Ufer. Ich denke, dass sich hier gut hunderttausend Leute versammelt haben. Punkt 21 Uhr beginnt dann die explosive Orgie, anfangs geht es einmal durchs Sortiment von Farben und Explosionen in allen Größen und dann wird kombiniert. Es ist gigantisch und die schönsten Feuerfontänen werden mit einem massenhaften „Aaah!“ und „Oooh!“ kommentiert. Peter staunt mit offenem Mund und so wird dann 15 Minuten ohne Pause geballert. Später erfahren wir, dass es in der Stadt nicht nur ein Feuerwerk gab, sondern dass die Pyrotechniker an sieben Stellen gleichzeitig zu Werke waren. Ich glaube das letzte Mal habe ich vor 12 Jahren in Beijing ein ähnliches Spektakel erlebt, selbst das Feuerwerk zur Eröffnung der Olympiade dort, hatte nicht die Größe und Dauer.
Nach dem Feuerwerk geht auf der Straße gar nichts mehr. Nach 20 Minuten kommen wir erst vom Ufer weg und brauchen eine halbe Stunde, um den Platz mit den Mopeds zu überqueren und auch danach geht es noch mehr als zähflüssig vorwärts. Glücklicherweise drängt alles in unsere Richtung, denn gegen den Strom hätte man keine Chance gehabt. Fast 90 Minuten brauchen wir für den Weg ins Hotel, den wir ansonsten gemütlich in einer Viertelstunde zurücklegen.
Der Tag war gelungen und der Abend der krönende Abschluss, mein Zwerg schwärmt noch ununterbrochen von der Ballerei und wird morgen wohl wieder ziemlich lange schlafen, und hoffentlich das letzte Mal in dem kleinen Hotelzimmer.