Stadtleben intensiv
Vor allem wenn man noch keine Wohnung hat, bekommt man das wirkliche Vietnamgefühl. Das ganze Leben findet auf der Straße statt. Beim Frühstück geht es los, Peter steht auf die Baguettes, ich ziehe eine Nudelsuppe vor. Auf einem kleinen Höckerchen sizten wir dann auf dem schmalen Bürgersteig, Peter knabbert am Baguette, ich schlürfe meine Suppe.
Dann machen wir uns auf den Weg zum ersten Kindergarten. Es wird nie langweilig für Peter, für den alles neu und aufregend ist und für mich und die neue Kamera lauern überall Motive. Da sitzt zum Beispiel die Frau mit dem linken Schuh und 30 Meter weiter ein Mann mit einem rechten Schuh, allerdings ein anderes Modell.
Der Kindergarten im Hanoi Tower ist toll und teuer und öffnet erst um 9 Uhr, viel zu spät für mich, aber Peter gewinnt sofort alle Punkte für uns und die Angestellte leitet uns an eine andere Kita weiter, was sie eigentlich nicht darf. Diese liegt gar nicht so weit entfernt und auch noch mittem im Zentrum, heißt „Queensland“ und hat erst vor einem Monat eröffnet. Es gibt nur 11 Kinder, alles kleine Vietnamesen, fast alles Mädchen und vier Erzieherinnen. Was für ein Schlüssel!Es wird Englisch und Vietnamesisch gesprochen und jeden Tag kommt der Englischleher am Nachmittag. Und es kostet nur halsoviel, wie die andere Kita für die dicken Diplomatenkinder, 500 Dollar für drei Monate und eine kostenlose Probewoche. Peter freut sich darauf morgen zu den „süßen Mädchen“ zu gehen, wie der Vater, so der Sohn!
Dann geht es weiter zu Goethe! Vertrag unterschreiben und mit den Kollegen reden, Lehrmaterialien einpacken…….nichts besonderes zu erwähnen.
Peter liebt die „che om“, die Mopedtaxis. An jeder Straßenecke stehen Mopedfahrer und warten auf Kunden. Eine Fahrt durch Zentrum kostet ein bis zwei Euro, dafür bekommt Peter einen helm auf den Kopf und ab geht es in den Strom der Mopeds. Am späten Nachmittag sind wir wieder zurück, wieder machen wir uns auf die Suche nach einem Eisladen und finden keinen, doch dann rettet uns KFC. Im Vergleich zu China, boomen die Läden hier nicht so, nur ein paar Russen können nicht auf Cola und fettes Huhn verzichten, Mac Donalds scheint es hier im ganzen Land noch nicht zu geben, welche Kulturoase! Und wirklich, ein Burger ist nichts zu einer wunderbaren Pho Ga, der vietnamesischen Nudelsuppe.
Am Abend sind wir zu einer Geburtagsparty eingeladen, bei Thao, die 20 Jahre alt wird. Sie ist Mutter eines süßen Babys, gerade einmal drei Monate alt und Peter meint, er wolle auch so eine kleine Schwester haben – ich werde mich bemühen.
Obgleich der vater des Kindes in Norwegen untergetaucht ist, und das ist das Schlimmste, was einer Vietnamesin passieren kann, wurde sie nicht von der Familie verstoßen. Vielleicht weil die Eltern auch geschieden sind. Mutter, Geschwister und Freunde sind eingeladen. Im Kreis sitzen alle am Boden um viele leckere Gerichte. Peter stürzt sich auf die Garnelen, ich auf die Salate. Mit angenehmen geplauder vergeht der Abend, gegen 10 breche ich mit Peter auf, diesmal im richtigen Taxi, morgen ist für ihn ein großer Tag: Neue Kita, neues Glück!