9. Tag: Der Tag danach…Flashmob an der Flussbiegung
Morgens noch ein Spaziergang in der Altstadt, dann 40 km mit dem Rad von Weishan nach Nanjian, dann Stadtspaziergang und Abendessen, bis 20 grad, sonnig und weiterhin frischer Wind
Da ist nun also der erste Tag im Jahr des Tigers, wir tigern gleich morgens noch einmal durch die Altstadt und sind verwundert. Obgleich der weltkriegsgleichen Ballerei in der Nacht sind die Straßen und Plätze schon gefegt, nur noch an einigen Stellen werden weiter nach Lust und Laune Geister vertrieben und auch dort schnappt man sich recht schnell einen Besen und die Explosionsreste werden zusammengefegt.
Die Glück- und Segenswünsche fürs neue Jahr auf langen roten Papierstreifen, die in den letzten Tagen an unzähligen Ständen verkauft wurden, kleben nun an den Eingängen und Türen mit Glücks- und Doppelglückssymbolen. Außerdem stehen vor fast jedem Eingang zwei Räucherstäbe in Großformat, 1,5 bis zwei Meter lang. Auch das ist für jedes Haus und jeden Hof wichtig, denn ein guter Start ins Jahr ist schon die halbe Miete.
Viele Chinesen nutzen den Morgen zu einem ersten Spaziergang im neunen Jahr des Tigers, so wir auch. Viele sitzen auf der Straße in der Morgensonne und spielen chinesisches Schach oder Mahjiang. Viele Läden bleiben auch heute und in den nächsten Tagen geschlossen und so ist es gar nicht so einfach eine Nudelstube für das Frühstück zu finden.
Auf dem Platz vor dem Trommelturm haben sich Angehörige der Yi Minorität in bunten Trachten zusammengefunden, um gemeinsam zu singen und zu tanzen. Vergnügt mischen sich die Umstehenden unter die Folkloretänzer.
Gegen 11 Uhr starten wir mit den Rädern. Heute erwarten uns gemütliche vierzig Kilometer immer flussabwärts, also keine große Anstrengung. Auch in den Dörfern sind die Yi in bunten Trachten unterwegs, die Männer haben Musikinstrumente, wie Flöte und Bambus-Mundorgel dabei.
Durch blühende Rapsfelder fahren wir durch wunderschöne Dörfer, die Häuser sind alle aus Lehm gebaut und schmiegen sich an die Berghänge. An einer Flussbiegung irgendwo zwischen zwei Dörfern haben sich hunderte von Leuten zu einem Frühlingsfest zusammen gefunden. Es gibt keinen Tempel und nichts besonderes drumherum und erscheint fast wie ein spontaner Flashmob. Mit Motorrädern, kleinen Transportmotorrädern oder zu Fuß sind die meisten unterwegs. Nun knallt man hier an der Flussbiegung kräftig, trinkt Bier, raucht Zigaretten oder isst eine Kleinigkeit an den spartanischen Ständen.
Etwas später erreichen wir Nanjian, eine schmucklose Kleinstadt. Wir sind früh genug hier für eine kleine Nachmittagspause, dann machen wir einen langen Rundgang durch die kleine Stadt. Auf dem Hauptplatz herrscht Jahrmarksähnliches Treiben. An einer der Buden werfe ich Bälle und gewinne gleich mit dem ersten Wurf unter dem Beifall der Menge einen mehr oder weniger hässlichen aufblasbaren Pinguin. Der wechselt auch gleich wieder den Besitzer, denn ich verschenke ihn an ein kleines Mädchen mit großen Augen und braun gebranntem Gesicht. Eine halbe Stunde pilgern wir durch einen riesigen Supermarkt im Zentrum, schon die Süßigkeitenabteilung hat die Abmessungen eines großen Ladens.
Unsere Runde wird immer größer, denn wieder ist es ein Problem, ein geöffnetes Restaurant zu finden und auf den Straßengrill haben wir den dritten tag in Folge keine Lust. Letztlich enden wir in dem winzigen Lokal gleich am Hotel und essen die letzten Gerichte, die sich aus den wenigen vorhandenen Zutaten noch zaubern lassen und dafür ist das Resultat recht gut. Danach geht es nicht zu spät ins Bett, denn morgen erwarten uns wieder Berge und eine lange Etappe.