4. Tag: Wandertag in Kunming
Langer Marsch durch die Hauptstadt Yunnans, Yuantong Tempel und Cui Hu, Teeprobe, Altstadt und Einkaufsmeile
Am Morgen ist es noch empfindlich kühl, aber nach dem frühstück wärmt die Sonne schon recht gut. Fast ausgeschlafen stürzen wir uns heute in die Metropole. Draußen auf der Straße tobt der Vormittagsverkehr, aber trotz der hohen Verkehrsdichte läuft alles relativ entspannt. Auf den Hauptschlagadern läuft der Verkehr sechsspurig und daneben gibt es eine breite Fahrradspur. Fahrrad wird allerdings nur noch sehr wenig gefahren, dafür sind viele Kunminger mit flotten Elektrobikes unterwegs. Da gibt es dann fahrradähnliche Varianten, aber auch schicke große Roller.
Wir biegen ein in die Wohnviertel und bewundern das Leben auf der Straße. Ein Friseur schneidet in einem halboffenen Laden einem älteren Herren die Haare, davor sitzend rauchende Männer auf kleinen Hockern und sehen zu. In einer kleinen Gasse gibt es ein kleines Gewerbe nebeneinander, einen Schneider, einen Tabak und Spirituosenladen, einen Schuster und immer wieder eine kleine Garküche, von der dampfend Wolken in die klare Luft steigen.
Die Wohnhäuser im Zentrum stammen alle aus den 70er und 80er Jahren und die Balkone sind bis in den fünften Stock vergittert. Die Chinesen haben mitunter übertrieben Angst vor Einbrechern, dabei ist die Kriminalitätsrate in China erfrischend niedrig.
Der Yuantong Tempel befindet sich im Zentrum der Stadt. Der Tempel ist recht gut besucht und stammt noch aus der Yuan-Dynastie. Leider wird der Tempel gerade renoviert und gleicht eher einer großen Baustelle. Im See ist kein Wasser und das Eingangstor ist eingerüstet und auch die vier großen Wächterfiguren sind hinter einer Pappwand versteckt. Interessant ist das religiöse treiben der Chinesen. Auch viel junge Leute kommen her und verbrennen reichlich Räucherwerk.
Vom Tempel geht es weiter zum Cui Hu See, einer großen Parkanlage in der Stadt. Auch hier sind viele Leute unterwegs, um die wärmende Sonne zu genießen. Großeltern mit ihren Enkeln gehen hier spazieren und Liebespärchen halten schüchtern Händchen. In einem Teil des Parks treffen sich vor allem älter Leute zum Musik machen. Zwei Männer üben auf Klarinetten und ein blinder Mann spielt auf einem Keyboard, während seine Frau dazu inbrünstig Volksweisen ins Mikrofon. Daran hängt dann ein kleiner tragbarer Lautsprecher, aber es geht hier nicht darum Geld zu verdienen, sondern rein um die Freude an der Kunst.
Hinter dem Park befindet sich eine kleine Restaurantzeile und wir genießen ein paar schöne scharfe gebratene Gerichte, bevor wir in meinen Lieblingsteeladen zur Teeprobe einziehen. Fast zwei Stunden geht es kreuz und quer durch die chinesischen Teegärten, wir starten mit einem Jasmintee, dann kommt ein Schwarzer Tee, dann der berühmte Drachenbrunnentee aus Hangzhou. Weiter geht es mit einem Gunpowder und einem halbfermentierten Tee und dann kommen wir zu den Spezialitäten der Provinz und verkosten einen sehr guten grünen Pu’erh Tee und noch einen klassischen roten Pu’erh. Alle sind begeistert und Ernst, der sowieso passionierter Teetrinker ist, verlässt den Laden mit einem guten Vorrat für das nächste halbe Jahr.
Einige Straßenzüge des alten Zentrums haben den Bauboom der 80er Jahre überstanden und ein Teil davon ist schon recht ordentlich saniert worden. Die Touristen schlendern gerne in diesen Viertel und so haben leider Kaffeehäuser und Boutiquen die alten kleinen Gewerbe verdrängt. Im großen Gegensatz dazu steht die moderne Einkaufsmeile, hier reiht sich ein Kaufhaus ans andere und die gleichen Label wie auf dem Kurfürstendamm haben auch hier ihren Fuß in der Tür des boomenden Marktes.
Etwas müde treten wir den Rückweg unseres City-Marathons an und enden in einem kleinen Restaurant in der Nähe des Hotels und wieder werden wir kulinarisch verwöhnt. Es gilt noch etwas Zeit totzuschlagen, denn am Abend wollen wir mit dem Nachtzug noch nach Dali fahren.
Gegen 20 Uhr brechen wir dann mit dem Taxi auf in Richtung Bahnhof. Die Bahnhofshalle ist riesig und hundert Menschen warten in dem Saal auf die Abfahrt des Zuges. Wir vertreiben uns die zeit mit einem Bier und dann geht es mit Gedränge zum Zug. In dem winzigen Schlafwagenabteil haben wir Mühe unsere Koffer unterzubringen, doch wir brauchen ja den platz im gang zwischen den betten nicht, denn wir wollen versuchen die Nacht im Zug schlafend zu verbringen, um morgen gegen 5.30 Uhr einigermaßen Fit in Dali anzukommen.