3. Tag: Volksgedränge im Steinwald

Busfahrt zum Steinwald, Wandeln durch Stein und Volkssmassen, lange Wanderung im Park,

25 Grad und Sonnenschein, noch keine Radkilometer

 

Es scheint mir zu gelingen, eine alte Tradition der Athen-Beijing Radtour vom letzten Jahr wieder aufzuwärmen: das morgendliche Yoga. Zwar sind wir nur zu dritt und erstaunlicherweise nur Männer, aber Andreas und Joachim finden die Idee toll und machen mit und ich habe morgens keinen Grund für eine faule Ausrede.

Noch einmal können wir das extensive Frühstück im Kunminger Kamelia Hotel genießen, bevor dann ab morgen in der Countryside verschwinden. Nach dem frühstück warten auch schon Bus und Gepäcktransfer und dann geht es gleich los in den Steinwald.

China besitze einige Sehenswürdigkeiten, die auf keiner Rundtour fehlen darf und die selbst jeder Chinese einmal im Leben gesehen haben möchte. Entsprechend groß ist dann der Andrang und auch der Eintrittspreis. 140 Yuan pro Person lassen wir am Ticketcounter, vergleichbare Preise bieten nur andere 5 Sterne Sehenswürdigkeiten, wie die Große Mauer an gut erschlossenen Abschnitten, der Kaiserpalast in Beijing oder die Mogao Grotten in Dunhuang.

Bevor wir den Park betreten stärken wir uns noch einmal in einem der kleinen Restaurants an der Straße. Es gibt hier einige nette Sachen, die sonst nicht überall zu haben sind: einen lokalen Schafskäse, frittiert und mit Zucker, (Stein-)Waldpilze, oder einen geräucherten Rinderschinken, der mit Zitronenmelisse angebraten wird.

Mit uns sind heute tausend von Chinesen unterwegs, doch wie ich sie kenne, sind die nur im vorderen teil des Parks zu finden, im hinteren Teil werden wir dann ungestört sein, doch erst einmal müssen wir durchs Gewühl.

Der Steinwald ist eine vor 300 Millionen Jahren entstandene Karstformation, allerdings sind die Steinnadeln schon im feuchten Tropenboden durch chemische Prozesse entstanden und dann erst freigespült worden. Der heutige Steinwald umfasst ein Gebiet von vielleicht 20 Quadratkilometern und besteht aus bis zu 50 Meter hohen Karstnadeln, die sehr eng beieinander stehen, also kein Vergleich zu den Karstformationen um Guilin oder der Halong Bucht in Vietnam.

In engen Kurven und Kehren, über Treppchen und Leitern winden sich unzählige kleine Pfade und noch mehr Touristen. Als Reiseführer im Park fungieren hauptsächlich Frauen der Yi-Minorität in ihren bunten Trachten, bewaffnet mit Regenschirm gegen die Sonne und Gruppenfähnchen folgen ihnen dann die chinesischen Gruppen. Und hier vorne im Park sind die Menschen fast interessanter, als die Steinfelsen und Schluchten. Jeder muss natürlich dutzende von Fotos schießen und wir alle finden wunderbare Motive vor einem beeindruckenden Hintergrund. Der Höhepunkt der Fotoorgie findet dann auf der Aussichtspagode statt. Im Gleichschritt geht es nach oben und die Plätze am Geländer sind heiß umkämpft, aber da sich die Chinesen gerne mit Langnasen fürs Familienalbum ablichten lassen, haben wir weniger zu kämpfen als der gemeine Chinese und haben natürlich großen Spaß dabei. Auch die Tanzgruppe, die eigentlich gerade pausiert, legt extra für uns noch einmal einen lokalen Gruppentanz hin.

Nach diesem Gewimmel stoßen wir dann wirklich in ruhigere Reginen vor, die Felslandschaft ist ebenso spektakulär oder sogar noch ein wenig mehr. Der Pfad führt 50 Meter nach unten durch eine schmale Schlucht und durch gewunden Gänge wieder nach oben, selbst Personen die den optimalen BMI nur knapp verfehlen müssen sich durch einige Passagen schlicht hindurchzwängen; ich glaube für eine Großteil von amerikanischen Touristen dürften einige Abschnitte nicht mehr begehbar sein.

Noch weiter hinten wird die Landschaft dann schon richtig lieblich, die Steinnadeln sind nicht mehr so hoch und ragen wie Steinpilze aus dem Boden. Die oben aufgesetzten Steinblöcke, wie Köpfe, verstärken diesen Eindruck.

Fast fünf Stunden zieht sich unsere Wanderung hin, bevor wir wieder zum Bus zurückkehren. Noch einmal liegen zwei Stunden fahrt vor uns dann erreichen wir den Fuxian See, an dessen Ufer unser Hotel liegt. Rundherum gibt es außer einem Puff und einem kleinen Dorf nicht viel. Die Mädchen sitzen strickend hinter einer Glasscheibe und warten auf Kundschaft. Als wir im Vorbeigehen die Kameras zücken wollen, verschwinden sie leider nach hinten.

Unser Esslokal befindet sich in einem kleinen Dorf zwei Kilometer weiter. Das Essen ist vorzüglich, es gibt frischen Fisch und auf meinen Wunsch wir der nicht zerstückelt, sondern im Ganzen serviert und das macht das Essen etwas leichter, denn das Fleisch lässt sich noch von den gräten trennen. Normalerweise hacken die Chinesen den Fisch in kleine Würfel und machen einen großen Topf Suppe, die Chinesen finden das Grätensuchen und Spucken toll, wir natürlich nicht. Auch die anderen Gericht im kleinen lokal sind ausnehmend lecker und die Teller nach einer knappen Stunde blank. Im Dunkeln wandern wir zurück zum Hotel, vorbei an wütend kläffenden Hunden und den Mädchen, die immer noch in ihrem Schauladen sitzen.

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