Zehnter Tag: Der große Sprung nach oben
64 Kilometer und 1200 Höhenmeter bei kühlen 6 bis 10 Grad, 3685m hoher Pass und tibetisches Grasland
Heute ist es erstmals trüb und wolkig und damit auch recht frisch, aber es weht kein Wind und so werfen wir uns dann nach einer Baotze Mahlzeit auf den Weg nach oben. Erst geht es noch ein paar Kilometer durch kleine Dörfer in denen gerade der Raps geerntet wird und wir rücken den Bergen immer näher. In der Nacht hat es oben geschneit und auch die nicht ganz so hohen Gipfel sind weiß. In einem kleinen Dorf gibt es noch einmal einen kleinen Laden und wir tanken Getränke und Kekse und danach führt der Weg straff nach oben in ein schmales Flusstal hinein.
Viel gibt es beim Aufstieg nicht zu erzählen, es heißt treten und treten und geht nur langsam vorwärts, nur der Höhenmesser zeigt schnell Fortschritte, bald sind wir über 3000 Meter, dann 3300. Hier merken wir langsam, dass die Luft dünner wird. Bei 3400 Metern öffnet sich das Tal etwas. Ab und zu sehen wir in der Ferne eine Schafherde, aber die Hirten haben ihre Sommerlager schon abgebaut und das Vieh wieder ins Tal getrieben. Wir schnaufen weitere 200 Meter nach oben, dann können wir den Pass sehen, der dann eine Kurve weiter auch kommt: 3685 Meter Höhe, für Thomas und Andreas ist es wieder ein Rekord.
Oben gibt es einen großen tibetischen Gebetshaufen mit bunten Gebetsflaggen, wir machen schnell unser Foto und schieben noch einen Schokoriegel ein, denn besonders gemütlich ist es nicht. Gut eingepackt geht es dann knappe dreihundert Meter nach unten und dort liegt dann auch schon E’bao, unser Zielort. Ort ist schon übertrieben, denn hier wohnen vielleicht 500 Familien und das Dorf lebt nur von den paar Restaurants und Läden, die hier wegen der Straßenkreuzung sind. Hinter dem Dorf beginnt eine große Graslandebene, vielleicht 15 Kilometer breit und dahinter liegt dann die nächste Bergkette. Das erste Guesthouse am Platze ist geschlossen, also fahren wir 50 Meter weiter und finden noch eine Herberge, es gib 5 Drei und Vierbettzimmer, die Übernachtung kostet 1,5 €, entsprechend einfach sind die Verhältnisse, es gibt kein Bad, nur einen Wasserzuber im Gang, die Toilette ist über dem Hof und wird von einem geifernden räudigen Hund bewacht, der sich wütend und heißer gebellt hat, die leckeren Waden der Gäste sind nur zwei Meter entfernt und mehr lässt die rasselnde Kette nicht zu.
Wir haben uns ein nettes kleines Restaurant mit Bollerofen in der Mitte ausgesucht, das Angebot ist ok., Nudeln und dazu Schweinefleisch und Wildpilze mit Rührei. Draußen ist es elendig kalt und so fällt die Runde durchs Dorf entsprechend kurz aus, der Ort ist ja auch nicht groß, man kann jeweils 100 Meter in jeder Richtung der Kreuzung gehen und dann landet man in der Pampas. Trotzdem herrscht recht reger Verkehr. Ab und zu kommen Tibeter aus den Dörfern in versteckten Seitentälern, um einzukaufen oder ein paar Chinesen auf der Durchreise verspeisen schnell eine Portion Nudeln. Zwei neue LKWs gibt es im Dorf und die werden roten Tüchern geschmückt und es wird reichlich Feuerwerk verballert.
Auch die Polizei hat unsere Ankunft nicht übersehen und besucht uns im Hotel mit dem Registrierbuch, zwei Kanadier, drei Franzosen und zwei andere Deutsche sind in dieser Saison schon hier durchgeradelt und radelnde Touristen sind eh die einzigen, die hier übernachten. Wir verziehen uns dann schon gegen halb neun in unsere Schlafsäcke und hoffen nachts nicht auf die Toilette zu dem grimmigen Köter zu müssen.