74. Tag: 8. Juni 2009 „Regen in Shandong“
136 Kilometer bei leichtem und mittlerem Regen von Yiyuan nach Zhucheng, leicht und mittlere Hügel auf ruhigen Straßen mit 797 Höhenmetern
Gestern hat Hubert noch gewitzelt, dass es nach langen Etappen und nach bergigen Etappen nur noch einen Regentag brauche, um auch aus Barbara die komplette Langstreckenradlerin zu machen. Und da man über schlechtes Wetter niemals witzeln soll, regnet es heute ordentlich, außerdem hat Hubert vorgestern sein Rad mit unter die Dusche genommen und damit Murphys Gesetz provoziert: Hubert ist also am Regenwetter schuld!
Doch bevor wir uns ins Wasser stürzen nutzen wir das Hotelfrühstück. Ich bin in China kein Liebhaber des Hotelfrühstücks. Meistens gibt es Zhou, also ein geschmackloser Reis- oder Bohnenbrei, dazu sauer eingelegtes Gemüse, ein paar Sorten gebratenes Gemüse, Mantou, also gedämpfte Hefeklöße und manchmal Baotze, also gefüllte Teigtaschen. An letzteren orientiere ich mich dann immer, aber die sind in den Hotels nie frisch und nicht einmal halb so gut, wie die auf der Straße. Außerdem gibt es außer warmer Sojamilch nichts zu trinken, keinen Tee und keinen Kaffee und unsere Vorräte sind leider aufgebraucht.
Die Straße ist auch heute wieder recht ordentlich ausgebaut und es gibt kaum Verkehr, an den Regen gewöhne ich mich schnell, ziehe meine wasserfeste Jacke an und lasse es mir gemütlich auf den Helm tropfen, das hat dann etwas meditatives und wie schon bei unserer ersten Etappe festgestellt sinkt mein Fahrtempo, sonst immer vorneweg, zottele ich nun lange Strecken hinterher. Gegen Mittag lässt der Regen nach und einmal kommt sogar ein kurzer Sonnestrahl durch. Das Wetter hat etwas gutes, es ist nicht so heiß und wir sind schon am Vormittag ordentlich Hügel hoch und runter gefahren.
Mittag machen wir in einem kleinen Ort mit einer großen Kreuzung in einem neu eröffneten Lokal, zuvor konnten wir einen angetrunkenen Motorradfahrer gerade noch abschütteln, der uns unbedingt zum Trinken einladen wollten und überhaupt kein Verständnis dafür hatte, dass sich hochprozentiger Alkohol und Radfahren nicht vereinbaren lassen.
Die Mannschaft im Restaurant war unheimlich nett und wir müssen noch einen großen Fototermin vor dem Hotel absolvieren, dann geht es weiter und auch der Regen ist zurück. Im nächsten Dorf gibt es einen gut sortierten Supermarkt und wir kaufen die dortigen Kaffeevorräte auf, 12 Päckchen „3 in 1“ Instant Kaffee. Etwas später können wir den auch gut gebrauchen, denn Barbara ist etwas unterzuckert und hat Krämpfe, man verbraucht beim Regenfahren einfach mehr Energie. Im nächsten Lokal bitten wir dann um Tassen und heißes Wasser, beides bekommen wir, dafür muss ich eine laute Konversation mit der dicken Chefin führen, die schrecklichen Akzent spricht, den auch noch sehr laut.
Gegen 18 Uhr nähern wir uns dann dem Zielort Zhucheng, die Abkürzung in den Ort ist zwar etwas kürzer, aber schlammig und ich fahre auch noch in einen Glassplitter und habe einen Platten. Mit zwei Mal nachpumpen erreichen wir dann das erste Hotel, eine Art Badehaus, also Puff, mit trotzdem angenehmen Zimmern.
Der Plattfuß ist dann schnell behoben und aus der Dusche fließt reichlich warmes Wasser.
Zu Abend essen wir auf der Straße mit gegrilltem und etwas Malatang, also eine scharfe Suppe mit Einlagen, aber die Lammfleischspieße sind einfach unschlagbar.
Auf den langen Tag unternehme ich den Versuch einer Massage, aber von den Mädels in der Etage unter uns kann keine massieren, sie bieten nur spezielle Dienste an für 288 Yuan pro halbe Stunde, ich frage dann nicht näher nach Inhalten, sondern hüpfe allein in mein angenehm hartes Bett und kann bei den erfrischenden Temperaturen bei offenem Fenster hervorragend schlafen.