36. Tag: 1. Mai 2009 „Touristennap auf dem Yangtze“ Teil II
Noch ein Tag auf dem Dampfer und Ausflug in die Drei Kleinen Schluchten und die Drei Mini-Schluchten
Wieder steht ein frühmorgendlicher Ausflug auf dem Programm und deshalb wird auch heute schon wieder um 5.30 Uhr das gesamte Schiff geweckt. So eine Schifffahrt ist anstrengender als eine Radtour, das viele Nicht-viel-Tun macht müde und das frühe Aufstehen noch müder.
Nach Baidicheng geht es, einer alten Stadt in der vor 2000 Jahren in der Zeit der Drei Reiche ein König sein Reich seinem Sohn und seinem militärischen Beraten anvertraute, um es vor dem Untergang zu bewahren. Wie schon bei den letzten Sehenswürdigkeiten ist kein Stein älter als 5 Jahre, denn meines Erachtens waren uns die Chinesen fast schon immer drei Schritte voraus, aber Betonbauweise war damals eher noch nicht gebräuchlich.
Bei strömendem Regen geht es durch den Palast des Kaisers und einige Plastikfiguren stellen in den Gemächern wichtige Szenen des kaiserlichen Lebens in den Drei Reichen dar.
Ansonsten ist der Ausflug ein Ansturm der Regenschirme auf die Sehenswürdigkeit und die Fressmeile. Vom Fluss, den Schiffen und der spektakulären Landschaft ist nicht viel zu sehen, denn alles versinkt im grauen Nebel und den Regenschwaden.
Erst auf dem Schiff wird es wieder interessant, denn unmittelbar hinter Baidicheng beginnt die ersten der drei Schluchten, die Qutang Schlucht. Trotz des Regens ist die gesamte Bootsbesatzung, also mehr als 300 Chinesen und eine handvoll Langnasen auf den Außendecks zu finden und das Schiff schippert langsam durch mystische Nebel an steilen Felswänden vorbei. 300 oder 400 Meter geht es auf beiden Seiten steil nach oben. Noch bis vor ein paar Jahren war der Yangtze hier ein reißender Strom, eingezwängt auf 100 Meter Breite in diese enge Klamm und über jahrhundert war die Passage für die Schiffe mehr als gefährlich und unzählige Schiffe sind an den Klippen und Riffen zerschellt. Heute reicht der Rückstau des drei Schluchten Damms bis hierher, gute 100 Meter Wasser fließen unter dem Schiffrumpf vorbei und am Ufer ist die höchste Staumarke des Damms markiert.
War früher die fahrt durch die Schlucht ein Abenteuer ist es heute ein landschaftlich schönes Erlebnis. Um die fahrt etwas aufzupeppen, stoppt das schiff vor der zweiten Schlucht, der Wu-Schlucht noch einmal und es geht auf einem kleineren Touristenschiff in ein Seitental, den Daning Fluss hinauf durch die Drei Kleinen Schluchten.
Der kleine Fluss hat eine breite von vielleicht 50 Metern und auch hier geht es links und rechts steil nach oben. Am Ufer gibt es keinen Platz für Siedlungen, nur manchmal führt eine steile Treppe nach oben und ein schmaler Pfad verschwindet in einem Nebental. Dichtes Buschwerk, Bäume und viel Bambus können sich gerade noch an den steilen Wänden halten. Um die fahrt interessanter zu gestalten haben die Chinesen jedem Felsen einen Namen gegeben und über Lautsprecher werden alle informiert, was wir gerade links oder rechts in den Felsen für gestalten erkennen sollen, eine große Buddhafigur, einen doppelköpfigen Löwen und so weiter. Das hält die Chinesen in Bewegung und die digitale Orgie findet kein Ende.
Unterwegs stoppt unser Touristenschiff noch einmal und alle Passagiere werden auf kleine Boote umgeladen, dann geht es in ein weiteres Nebental in die Drei Minischluchten, also einen noch kleineren Fluss ein Stück hinauf und wieder hinunter.
Auf dem Rückweg zum Kreuzfahrtschiff gibt es noch einen weiteren Halt, die Altstadt von Dachang steht auf dem Programm. Ehemals hat die Stadt weiter im Tal gelegen, musste aber dem Staudamm weichen, dafür haben dann die Chinesen eine neue Altstadt errichtet, ohne Einwohner und eine Aneinaderreihung von Touristenshops. Da die Stadt bei den Chinesen auch nur auf mäßiges Interesse stößt ist nur ein Bruchteil der Läden geöffnet und die betonierte Altbausubstanz modert im feuchten Klima vor sich hin.
Ich bin ganz froh, am späten Nachmittag wieder auf dem Dampfer zu sein und freu mich auf Abendbrot und Bett. Zuvor schippern wir aber noch durch die Wu Schlucht, auf deren linken Seite die wohl berühmtesten Felsen Chinas empor ragen, Der Gipfel der Göttinnen und der Gipfel der Unsterblichen. Zum letzten male für heute ist das Oberdeck gut besucht und dann geht ein anstrengender Tag für den Normaltouristen zu Ende. Ich schlafe recht zeitig ein und freue mich darauf, morgen Mittag wieder auf dem Rad sitzen zu dürfen und übers Land zu radeln, als mich den ganzen Tag durch weltberühmte Sehenswürdigkeiten im Gleichschritt jagen zu lassen.