5. Tag: 31. März 2009 „Kulturtag in Guangzhou“
Stadtbesichtigung 15 km mit dem Rad
Nach einer langen Nacht suchen wir uns einen Frühstücksladen, eine Arte Bäckerei mit Kuchen und Milch, Kaffee gibt es leider nicht. Danach schwingen wir uns auf die Räder und stürzen uns in den Verkehr. Vorbei an Bussen, Taxis, Lastfahrrädern schlängeln wir uns zum Perlfluss und zur Shamian Insel. Insel ist etwas übertrieben, ein schmaler Landstreifen ist durch einen Kanal ein paar hundert Meter vom Fluss getrennt. Allerdings hatten hier die Franzosen und Briten vor 120 Jahren nach dem Opiumkrieg eine Handelszone und so wird die schmale Straße dominiert von Gebäuden aus dem 19. Jahrhundert. Diese koloniale Architektur wird von den Hochzeitsfotografen mehr als geliebt und so tummeln sich dort mehr als 20 frisch verheiratete Paare und lassen sich weißem Braukleid und schwarzem Anzug von den Fotografen vor historischer Kulisse ablichten. Kein Spaß für die Beteiligten, aber für uns Zuschauer.
Im kleinen Park am Flussufer sammeln sich dann die Senioren zum gemeinsamen Sport und Spaß. In der einen Ecke wird sich ein gefederter Ball mit den Füßen zugespielt und die Leute erwischen ihn mit erstaunlicher Wendigkeit in den verschiedensten Positionen. Etwas weiter wird Taiqi gemacht und von der nächsten Ecke erschallt Tangomusik und es wird getanzt, Männer und Frauen oder Frauen mit Frauen, die meisten sehr gut, einige fast professionell.
In der hintersten Ecke sitzen dann vielleicht 30 Männer und Frauen und singen alte chinesische Lieder, keiner rechnet mit Beifall oder einer Spende, alle tun das nur aus Spaß an der Freude. Auch sind die chinesischen Senioren meist noch gar nicht so alt. Zwar liegt das eigentliche Renteneintrittsalter bei 60 Jahren, aber viele Mitarbeiter von Staatsbetrieben werden schon mit Mitte 50 pensioniert. So schön kann Sozialismus sein.
Ansonsten weist Guangzhou im Vergleich zu anderen Städten wenige Sehenswürdigkeiten auf. Wir besuchen zwei Tempel, aber die sind eher klein und unscheinbar, der Tempel der Sechs banyan Bäume hat auch nur drei von diesen und die Pagode ist leider nicht zu besteigen und der Tempel der Fünf Unsterblichen hat zwar einen wunderschönen kleine Garten mit Bonsais, doch auch dort ist der Trommelturm in Rekonstruktion. Die eigentliche Sehenswürdigkeit ist die geschäftige, sympathische Stadt und obwohl überall viel Leben und Geschäftigkeit ist, läuft alles sehr relaxed und ruhig ab. Die Enge in den Straßen wirkt daher nicht bedrückend und die vielen bunten Läden lassen die grauen Straßenschluchten weniger grau und deprimierend erscheinen. Und gewaschen wird überall sehr viel, denn überall hängt Wäsche, vor den Fenstern, auf den Balkonen in den Fluren, in den kleinen alten Häusern und Gassen, als auch in den hohen Wohnhochhäusern. Das stellen Heino und ich bei einer spätnachmittäglichen Erkundung des Viertels fest.
Zum Abendessen gehen wir heute nur einen Stock tiefer, die Auslage ist beeindruckend, in den riesigen Aquarien schwimmen Fische aller Formen und Farben, es gibt Schlangen und ekliges Gewürm, doch wir halten uns solide mit Rindfleisch und Aubergine.
Die Chefkellnerin ist beeindruckt von uns und ich darf sie nach Arbeitsschluss noch zu einem Glas Milchtee einladen, was ich natürlich nicht abschlage, aber viel mehr wird wohl nicht werden, denn sie muss am nächsten Morgen um 7 wieder arbeiten und auch wir wollen zeitig los.