Mittwoch, 21. Mai 2008, von Osh nach Özgön, 70 Kilometer, 471 Höhenmeter
Unsere neue Mannschaft bereitet das Frühstück am Auto im Hof zu, wir haben jetzt sogar Tische und Stühle im Camping Equipment, es geht also fast schon richtig bürgerlich zu. Und auch mit zwei Köchinnen sind wir sehr gut bedient und Andreas von Baikal-Express, der diese Etappe organisiert hat, versicherte mir, die beiden seien wirklich richtig gut.
Am Vormittag steht aber erst einmal noch ein Ausflug auf den Berg bei der Stadt auf dem Tagesplan. Hier gibt es einige Gräber und man hat einen guten Ausblick über die zweitgrößte Stadt des Landes. Hier oben soll auch schon der Prophet Mohammed gepredigt haben.
Gegen 11 Uhr ist dann die Gruppe wieder zurück und es beginnen wieder unselige Diskussionen, ob Gepäck auf den Dachgepäckträger soll, ob der Dachgepäckträger stabil genug ist, das das zweite Fahrzeug zu klein ist und so weiter und so fort.
Mit Akyll unserem lokalen Guide bespreche ich dann, dass wir vor allem für die Bergetappen noch ein Fahrzeug brauchen, um eventuell 5 bis 6 Leute zu transportieren. Die Situation ist schon verrückt, einige haben halt 50 bis 60 Kilo Gepäck dabei und zwei oder drei riesige Gepäckstücke und natürlich ist von den Veranstaltern vorher kommuniziert worden, sich auf das nötigste zu beschränken. Das dies aber kaum jemand getan hat, scheint aber für unsere Alltagsdiskussion nicht mehr interessant. Auf alle Fälle hat es ein Teil der Gruppe schon am zweiten oder besser am ersten Tag in Kirgisien geschafft, das wirklich nette und engagierte Begleitpersonal halb in Panik zu versetzen.
Wie auch immer, gegen 12 Uhr ist alles einigermaßen zufrieden stellend verstaut und wir verlassen die Stadt. Wegen der anhaltenden Debatten und Streitereien und der ständigen Unzufriedenheit habe ich relativ schlechte Laune, eigentlich schon seit drei Tagen und das wirkt sich so aus, dass ich kaum noch Lust habe zu fotografieren, ja ich sehe auch kaum noch gute Motive und mein Tagebuch zu schreiben, dazu kann ich mich seit ein paar Tagen gar nicht mehr aufraffen.
Der Verkehr in der Stadt ist relativ straff und auf Fahrradfahrer wird kaum Rücksicht genommen, doch in der Gruppe kommen wir recht gut und sicher voran, auch wenn ich hin und wieder ein paar Autofahrer anpfeifen und mit einem lauten „Stoi!“ oder „Podoschdti“ stoppen muss. Auch vor der Stadt bleiben wir noch zusammen, da auch die Fernstraße noch stark befahren ist. Nach 25 Kilometern machen wir eine kleine Pause, denn wir sind ja spät losgefahren, die Crew hat auf einem kleinen Tisch Kekse, kleine Kuchen und Getränke ausgebreitet, die ordentlich Energie bringen. Und noch bevor der erste Keks gegessen ist geht der Stress wieder los, ob dies nun das Mittagessen sein soll, oder was und warum es nichts Ordentliches gebe, woraufhin mir schon wieder der Appetit vergeht.
Natürlich war es nicht das Mittagessen, das gibt es eine gute Stunde später im Schatten eines großen Baumes. Das Serviceteam hat fleißig Salat geschnipselt und eine Torte für Richards Geburtstag besorgt, ansonsten gibt es Brot, Käse und Wurst und viele Getränke in der Mittagshitze.
Die letzten 30 Kilometer sind schnell weggeradelt, durch kleine Dörfer, an Feldern und Kanälen und eigentlich gibt es viele Fotomotive, aber ich bin immer noch etwas verstimmt und möchte eigentlich nur ankommen.
In einem kleinen Dorf wartet dann Akyl und weist uns nach rechts. In einem kleinen Wäldchen gibt es eine schöne kleine Teestube, mit nur drei „Vierbeinern“, den vielleicht zwei oder drei Quadratmeter großen Ess- Sitzplattformen. Dahinter ist genug Platz zwischen den Bäumen und auf der Wiese dahinter zum Aufstellen der Zelte. Ich komme gar nicht dazu, da ich von drei Kirgisen auf einen Schluck Wodka eingeladen werde, auf den bald ein zweiter und ein dritter Schluck folgen. Die drei Männer kommen aus der Hauptstadt Bishkek und sind auf der Durchreise. Einer hat Verwandte, die in Deutschland leben und so finden sich weitere Anlässe für einen Toast. Inzwischen sind die ersten Zelte aufgestellt und ich bekomme ein wenig Unterstützung beim Trinken, aber es dauert noch eine gute halbe Stunde und noch weitere 5 bis 6 Wodka, bis ich mich endlich aus der Runde verabschieden kann, es ist inzwischen die dritte Flasche Wodka geöffnet worden seit wir hier sind und so läuft die Kommunikation jetzt auch ohne mich als Dolmetscher.
Die Rettung für alle ist dann der Ruf zum Essen, dem alle gerne folgen, nicht nur des Hungers wegen, sondern um vor allem weiteren Runden Wodka zu entgehen. Während in der Ferne Boney M., Abba und Modern Talking abwechselnd dudeln, versuche ich einzuschlafen, aber es ist verdammt warm im Zelt und ich schlafe nicht so schnell ein.