Samstag, 10. Mai 2008, von Pendshikent nach Vota, 63 Kilometer, 685 Höhenmeter, bis 35 Grad
Ich bin das Dorfleben nicht mehr ganz gewöhnt, denn obwohl es eine tolle Umgebung ist, kann ich nicht so gut schlafen, wegen des „Ökolärms“. Mitten in der Nacht fallen zwei Katzen kreischend über sich her, ab dem zeitigsten Morgengrauen schreien die Hähne und alles mögliche „Geflügel“ zwitschert und trällert lautstark vor sich hin.
Nach einem wunderbaren Frühstück, dass Swetlana, die Frau unseres Tadshikischen Führers Vierdaus, kocht, Grießbrei mit Rosinen und hausgemachter Marmelade, sowie Butter, Käse und Salami und allesamt in mehr als ausreichender Menge. Auf dem Programm für den Vormittag steht noch ein Ausflug in die Altstadt. Das war jedoch ein Missverständnis, denn auf dem Hügel hinter Pendshikent liegen einige alte Lehmruinen, deren von uns bestaunten Reste aus dem 7. Jahrhundert stammten und natürlich gab es vorher auch schon Siedlungen und auch Alexander der Große war schon hier gewesen. Das kleine Museum zeigt ein paar Gegenstände, die hier ausgegraben wurden, am interessantesten sind die Kopien einiger Fresken, die von den Lehmwällen abgenommen wurden. Bärtige Krieger mit adlerförmigen Hakennasen im Kampf gegen Fabelwesen und chinesisch anmutende Kaufleute bei einem großen Trinkgelage. Von dem Hügel hat man auch einen schönen Blick rundherum. Hinter uns liegen schon die ersten Ausläufer des Pamirs, nach Osten verlaufend immer höher werdend und mit zunehmend größeren Eiskappen. Vor uns im Tal die Stadt Pendshikent, in der wir übernachtet haben. Eine große grüne Fläche mit vielen lehmgemauerten Wohnhöfen und nur an der Peripherie ein paar Wohnblöcke aus der sowjetischen Ära.
Die Sonne brennt heute sehr intensiv, wir sind ja schon wieder auf 1000 Höhenmeter und obgleich meiner intensiven Vorbräunung habe ich mir gestern die Lippen verbrannt und so greife ich heute erstmals auf der gesamten Tour zur Sonnencreme.
Dann geht es noch einmal durch die Stadt und wir besichtigen die kleine Moschee und den Markt, der im Vergleich zu Samarkand natürlich mickrig ist. Auch ist das Angebot an Errungenschaften der modernen Zivilisation recht gering, es gibt nur ein paar Stände mit chinesischem Porzellan und farbenfrohem Plastik. Ansonsten dominieren Sachen von lokalen Handwerkern, wie Seile und Stricke und landwirtschaftliches Werkzeug, aber den größten Teil machen natürlich die Lebensmittel und Gemüse aus.
Aus der Stadt heraus fahren wir dann im Paradies entlang. Die Bergkulisse rückt näher und näher und rundherum grünt und blüht es. Viele Radfahrer und Ausländer kommen hier nicht entlang, denn die vielen Kinder laufen schnell an den Straßenrand um zu winken oder Hände anzuklatschen. Leider lassen sich nicht mehr alle Leute gerne fotografieren. Keine Probleme haben die Frauen, wenn sie allein sind, sobald aber irgendein Mann zusieht, wollen sie nicht mehr fotografiert werden. Die Straße ist katastrophal und als wir dann später noch abbiegen, kann man eigentlich nicht mehr von Straße sprechen, denn es ist wirklich nur noch eine einzige Fläche von Löchern mit historischen Relikten von Asphalt dazwischen, der sich nach dem nächsten Winter ebenfalls aufgelöst haben wird.
Unten im Talgrund fließt der Zeravshan Fluss, der sich hier durch die weite Ebene windet. Mittag machen wir in einem kleinen Straßendorf, wie üblich Suppe und Mantui und im Laden gegenüber lässt sich Eis auftreiben. Gegen vier rollen wir dann weiter, doch Richard hat einen Plattfuss und zieht damit im Wettbewerb um die flachsten Reifen mit Dieter gleich. Während des Flickens sammelt sich das halbe Dorf und bietet dann Gelegenheit zu einem wunderbaren Gruppenfoto. Weiter geht es dann im warmen Licht des Nachmittages, in dem auch die Berge immer klarer und näher kommen. Morgen liegt noch eine kurze Etappe vor uns und dann geht es ja schon über den Shakristan-Pass. Ohne Eilke geht es durch die nächsten Dörfer. Die nächste Ecke ist immer noch schöner als die voran gegangene. Mehrmals geht die Straße in einen tiefen Taleinschnitt und überquert dann über eine Hängebrücke die Straße, dahinter geht es dann wieder steil aus dem Tal heraus in die Ebene. Hinter einem kleine Dorf liegt ein Gehöft mit einem schönen Garten, in dem wir unser Zeltlager errichten. Alle sind beschäftigt, einige richten die Zelte auf, einige helfen beim Kartoffeln schälen. Zwar haben wir unser Duschzelt, aber nach 10 Eimern Wasser ist das Sammelbecken, dass ich an der Straße befindet leer und auch die Einheimischen Wasserholen ziehen ohne Wasser wieder ab. Hubert und ich entschließen uns zu einem längeren Spaziergang zum Fluss hinunter. Leider müssen wir ziemlich weit laufen, bis wir einen den Steilhang hinunter führenden Weg finden. Doch es ist wunderbar sich in dem eiskalten Bergwasser den Staub und Schweiß des Tages vom Körper zu spülen.
Danach ist auch das Essen schon fertig und es gibt seit langem wieder einmal für alle mehr als reichlich. Danach geht es dann in die Zelte oder wie ich, einfach nur im Schlafsack auf der Isomatte unter freiem Sternenhimmel, allerdings gibt es wieder einige Zwitschertiere, die dafür sorgen, dass der Schlaf nicht zu ruhig wird.