Sonnabend, 26. April 2008, von Mary zum Wüstencamp hinter Uch-Adzhi, 137 Kilometer, 322 Höhenmeter, bis 45 Grad: „Begegnungen in der Wüste“


Das magere Frühstück überbrücken wir mit einer Nachfeiergeburtstagstorte für Robert, der ja schon auf der Fähre nach Turkmenbashi seinen Geburtstag gefeiert hatte. Wegen der Hitze versuchen wir eine halbe Stunde zeitiger aufzubrechen. Inzwischen ist es wieder zum Hobby der Polizei geworden uns zu begleiten, manchmal haben wir bis zu drei Fahrzeugen um uns. Das bedeutet zwar, das wir komplett vor Verkehr und Kraftfahrern geschützt sind, auf der anderen Seite bleibt zum Beispiel hier in Mary keinerlei Spielraum für ein Foto, dabei steht links eine Moschee im Rohbau und vor den Verwaltungs- und Kulturgebäuden der Stadt sprühen Springbrunnen gewaltige Fontänen in die trockene Luft.

Eigentlich war geplant noch einmal am Marktplatz von gestern vorbeizufahren, dort wartet auch der Begleitbus, aber die Polizei lenkt die ersten Fahrer auf die Umgehungsstraße. Das bedeutet für uns gute 10 Kilometer mehr, die Strecke ist mehr als öde, die Straße sehr holprig und den Markt sehen wir auch nicht mehr und es scheint wieder einmal so, dass die Polizei mehr und mehr die Reiseführung übernommen hat. Ata, bedeutet mir, dass auch er nicht viel dagegen unternehmen kann, denn die Polizei spielt hier halt eine große und alles kontrollierende Rolle.

Doch dann, zurück auf der ursprünglichen Route kommen wir wieder in die Wüste und die ist hier richtig schön. Sandwüste wie aus dem Bilderbuch, Sanddünen, bewachsen mit knorrigen Sträuchern, deren Holz zum Grillen der Schaschliks verwendet wird. Gegen Mittag kreuzen wir zum letzten Male den Karakum-Kanal, dort am Ufer auf einer Art schwimmenden Wasserpavillon lassen wir uns zu einer langen Mittagpause nieder.

Während der Pause nehmen wir Roberts wackelnden Steuerkopf auseinander und kaum haben wir den Lenker gelöst, purzeln uns die Kugeln aus dem Steuersatz entgegen, das Lager ist total zerrieben und nicht zu reparieren. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als ein Lager aus dem Reserverad einzubauen, danach läuft der Lenker wieder ohne Spiel in seiner Führung.

Um mir den Staub vom Körper zu spülen, entschließe ich mich zu einem kühlenden Bad im Kanal, angenehm erfrischend, aber es ist schwierig aus dem dicken Schlamm am Ufer wieder herauszukommen. Während ich versuche, nackt den Klumpen an Beinen und Sandalen wieder loszuwerden, kommt eine ganze Gruppe turkmenischer Frauen zu unserem Lagerplatz, der sich gerade noch in Sichtweite befindet und ich biete mit meinem weißen Hintern am Ufer kämpfend wohl ein Bild, dass sich hier nicht jeden Tag bietet. Zurück im Pavillon kann ich den Gesprächen auf turkmenisch wohl entnehmen, worum es geht und worüber gelacht wird. Aber später entspinnt sich dann noch eine nette Konversation mit den Damen verschiedenen Alters, die aus Turkmenabad kommend einen Einkaufsbummel nach Mary zum Sonntagsbasar unternehmen. Heino soll an eine kräftige Frau mit herrlichen Goldzähnen verkuppelt werden, deren Mann schon vor zehn Jahren gestorben ist. Ich soll mit der jungen Lehrerin neben mir verheiratet werden. Es sei gar nicht so schlecht in Deutschland meinen die anderen Damen; ich antworte, dass es sich halt so aushalten ließe und nur vergleichsweise kalt bei uns sei. Nachdem der Tee getrunken und die Snacks gegessen sind, besteigen die Damen wieder den Bus, ohne noch einmal auf die Hochzeitspläne zurückzukommen, eigentlich schade, denn hübsch war sie wirklich, Armangul, die junge Lehrerin aus Turkmenabat.

Halb vier, die Sonne steht zwar etwas tiefer, aber es sind immer noch satt über 40 Grad, steigen wir auf die Räder, um die letzten 60 Kilometer zurück zu legen. Wieder geht es durch Sanddünenlandschaften, ab und zu flitzt eine kleine Echse über die Straße und ein kleiner Vogel attackiert eine Art Wiesel, der im Zickzackkurs das Weite sucht. Wahrscheinlich hatte er sich dem Gelege des Vogels wohl in hungriger Absicht genähert.

Langsam sinkt die Sonne an den Horizont und taucht die Wüste in sanftes rotes Licht, es ist jetzt nicht mehr so heiß, gerade einmal 30 Grad und es ist sehr angenehm zu radeln und die in orange gefärbte Wüste zu bewundern. Als die Sonne dann hinter einer Sanddüne verschwindet wird es in Minutenschnell dunkel und nun sind wir doch froh über die Polizei, die mit dem Fernlicht die Piste beleuchtet und wir uns nicht blind durch die riesigen Schlaglöcher unserer Holperstraße tasten müssen. Endlich, kurz nach 8, nach 20 Minuten in der Dunkelheit ist das Lager erreicht. Marlies hat ein lustiges Feuerchen entfacht, im Topf brutzelt schon das Abendessen, Nudeln und Fleisch und ein schöner Salat und über uns ein gigantischer Sternenhimmel. Vom letzten Stopp haben wir noch ein paar Biere mitgebracht, „BaltikaNo.9“, ein absolutes Starkbier mit 8 Prozent Alkohol und als ich in mein Moskitonetz krieche, habe ich den Eindruck, dass gleich doppelt so viele Sterne am dunklen Firmament leuchten.

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