Samstag, 15.3. von Eskishir nach Sivrihisar, 104 Kilometer, 764 Höhenmeter: „Plattfüße auf der Autobahn“


Schon gegen 5 Uhr ruft der Muezzin zum Morgengebet, ich bin wach und kann nicht mehr einschlafen, also schreibe ich noch ein paar Zeilen Tagebuch. Draußen geht die Sonne an einem wolkenlosen Firmament auf, aber es ist bitterkalt draußen. Auf den Fahrradsätteln liegt eine dünne Schneeschicht und das Wasser in meiner Wasserflasche ist halb gefroren. Gegen 8 Uhr zeigt das Thermometer 4 Grad und mein Hinterrad ist platt, so dass wir erst noch flicken müssen.

Heute ist wieder einreiner Sreckenfresser-Autobahntag, wir haben Glück, kein Wind und es geht zügig vorwärts. Die Landschaft ist eben und kahl und karg, eher eine Steppe. Aber wir sind auch fast 1000 m hoch und da ist der Frühling noch lange nicht so weit, wie unten am Mittelmeer oder in Griechenland. So werden wir in diesem Jahr den Frühling in ein paar Tagen zum zweiten Male erleben.

Ab und zu steht ein einzelner verkrümmter Baum in der Ebene und bildet einen starken Kontrast zu der unendlichen Weite um uns herum. Die Straße ist eine gerade Linie bis zum Horizont, die Hügel über die sie führt sind sanft geschwungen. Nur auf der linken Seite versperrt eine Hügelformation die Sicht. Am Horizont stehen zwischen den Felsen ein paar zackige Felsspitzen und es dauert fast zwei Stunden, in denen sie immer näher rücken, mehr als 40 Kilometer Sicht voraus.

Mittag gibt es in einem winzigen Lokal in einem kleinen Ort, groß ist die Auswahl nicht, aber die Köfte, die Hackfleischbällchen sind lecker und es gibt frisches Brot dazu und der Tee geht aufs Lokal, dessen Wirt sehr gut Deutsch spricht, immer wieder sind wir erstaunt, wie verbreitet unsere Sprache hier ist, dagegen spricht kaum jemand mehr als drei Worte Englisch.

Wie immer frischt am Nachmittag der Wind auf, erst kommt er von halb rechts hinten, dann treibt er uns gänzlich vorwärts, nur noch 30 Kilometer und wir sind am Ziel, dass sich am Horizont schon erahnen lässt. Doch dann fährt sich der Doktor einen riesigen Nagel ins Hinterrad, danach ist mein Rad wieder dran und zehn Minuten später zieht Dieter einen riesigen Nagel aus dem Rad heraus. Wir beschließen, den Rest der Strecke nicht mehr auf dem Seitenstreifen zu fahren, sondern, durch die Polizei geschützt, die mittlere Spur zu verwenden.

Durch die Reparaturen ist unser Feld stark auseinander gezogen, so erreichen wir den Ort

Sivrihisar, das zwischen Hügeln eingebettet ist und sich idyllisch an den Hang schmiegt. Leider fahren wir vorbei, unser Hotel, ein Truckermotel liegt 5 km hinter der Stadt und ich bin etwas sauer, weil wir es wieder einmal schaffen, keinerlei Kontakt zu den Leuten zu bekommen und auch von dieser Stadt nichts sehen werden. Dazu kommt, dass die Hälfte unserer Gruppe nicht da ist, vermutlich in die Stadt abgebogen ist. Doch nach und nach trudeln alle ein und haben schlechte Laune wegen des Motels in der Mitte der Steppe und darüber, dass die Zieleinfahrt etwas konfus war und niemand an der wichtigsten Stelle stand und das bei einem Begleitkonvoi von vier Fahrzeugen.

Wenigstens wollen wir nicht in der Autobahnraststätte essen, sondern in die Stadt hineinfahren, was wir dann auch tun, aber es ist natürlich schon dunkel. Das einzige kleine Lokal sieht anfangs gar nicht so einladend aus, es gibt nur einen Koch und eine Bedienung, doch die beiden werden mehr als gut mit den plötzlich eingefallenen Radfahrern fertig. Der Pizzameister ist äußerst effizient und produziert Käse- und Hackfleischpizzen fast im Sekundentakt, die Bedienung bereit genauso fix nebenbei Köfte und Salate und trotz des eigentlichen Alkoholverbotes im Laden steht für jeden eine Flasche Bier auf dem Tisch und es ist eine wahre Freude den beiden beim Herumwirbeln zuzusehen.

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