Donnerstag, 28. Februar, von Kalmbaka durch das Bergland von Pindos nach Livadi, 128 km, 2300 Höhenmeter: „Königsetappe zum Göttergipfel“
Sehr zeitiges Aufstehen ist angesagt und schon um 6 Uhr gibt es Frühstück, heute erwartet und die längste Etappe für Griechenland und außerdem die, mit den meisten Höhenmetern.
Der Wettergott ist wieder mit uns, denn es scheint ein sonniger Tag zu werden, als wir in der Dämmerung aus dem Städtchen rollen. Hinter den Meteoren geht die Sonne auf und beschert uns noch einmal ein großartiges Panorama, während wir in enger Formation mit zügigem Tempo die Hauptstraße durch die Ebene fliegen. Nach einer halben Stunde geht es dann wieder in ein wenig befahrenes Seitental und die Straße beginnt auch langsam anzusteigen.
Frühlingshaftes Grün ringsherum, blühende Bäume und im ganz hinten noch ein schneebedeckter Streifen des Pindosgebirges. Viele Wiesen und große Schafställe liegen links und rechts in der Landschaft und natürlich auch die dazu zu gehörenden Hunde. Einige sanft wie die Schäfchen, die sie bewachen sollen, einige Bellen aufgeregt und einige kommen böse kläffend angelaufen. Dann erhöht sich jedes Mal das Tempo in der Gruppe, die Tiere anzubrüllen hilft meistens, irgendwann lege ich mir jedoch dann noch einen Stein vor auf die Lenkerbox, mit dem ich den Tieren drohen kann, was dann immer Wirkung zeigt.
Überhaupt gibt es unheimlich viel Hunde in Griechenlang, jeder Hof hat mindestens zwei davon, meistens jedoch eine ganze Meute, manchmal reinrassige Schäferhunde, manchmal große Mischlinge, manchmal aber auch nur kleine hässliche Kläffer.
Hier im Tal mit der Schafzucht ist es besonders schlimm mit den Tölen, von denen man mehr sieht als Schafe und es drängt sich natürlich dann die Frage auf, was sich an den Grillspießen in den Restaurants dreht.
Da wegen des kargen Untergrunds hier nicht viel wächst und die Gegend sehr trocken ist, sind auch die Dörfer nicht besonders reich, viele Häuser und Höfe verlassen, schicke Autos sieht man kaum, nur mindestens 10 Jahre alte zerbeulte Pickups
Weg vom Flüsschen klettern wir nun den ersten Pass hinauf, nicht zu steil geht es die Straße den kargen Beg hinauf, oben erwartet uns das Fahrzeug mit einem kleinen Zwischenimbiss, Saft, Bananen und Zwieback. Zwischen den Dornengestrüppen weiden hier und da ein paar Schafe und ein paar Ziegen springen über die Steine, natürlich wieder bewacht von diesmal allerdings faul in der Sonne liegenden Hunden. Dann geht es wieder ins Tal hinab und ganz weit hinten sehen wir erstmals wieder ein Gebirgsmassiv, das majestätisch eisbedeckt am Horizont thront, nicht schwer zu erraten, dass dies der Olymp ist, von dem uns die antiken Götter der Antike herablächeln. Nur ein winziges Wölkchen verdeckt den Gipfel.
Wieder geht es hinauf, diesmal steil und kurvig und etwas länger, irgendwie müssen wir ja auf unsere 2000 Höhenmeter kommen, die uns heute erwarten. Oben dann eine Hochebene, in 1000 m Höhe mit sanften Hügeln und flachen Tälern, schönen Weiden und niedrigen Steineichenwäldern, ein idealer Platz für ein Picknick. Unsere drei Leute, die sich heute fürs Begleitfahrzeug entschieden, haben alles gut vorbereitet, inklusive einer kleinen Liegefläche zum Ausruhen, so viel Luxus….
Trotzdem halte ich die Pause kurz, zwar liegt mehr als die Hälfte der Strecke hinter uns, aber am Abend erwartet uns noch einmal ein mächtiger Abschnitt und im Moment sieht es so aus, als ob wir nicht im Dunkeln ankommen müssten. Vorher jedoch geht es noch ein paar Kilometer durch dieses sanfte Hochland mit einigen schönen Aussichten über das gesamte Massiv des Olymps, dann stürzen wir uns wieder 600 Höhenmeter hinunter in die Ebene.
Von dort lässt sich dann auch schon Livadi unser Zielort sehen, der in beeindruckender Höhe am Berg klebt wie ein Schwalbennest unterm Dach. Gute 600 Höhenmeter geht es nach oben, in unterschiedlichen Steigungen, am Anfang eher sanft mit kurzen Rampen, dann in Serpentinen mit steilsten Kurven in denen dann immer ein Fahrzeug kommt und mich im steilsten Winkel durch die Kurve treibt. Eigentlich hatte ich als letzter Fahren wollen, aber auch Yorgos bleibt hinten und Hubert, der sich in der Ebene noch ein wenig geschont hatte, holt nun kräftig auf. Als nächsten überhole ich dann Dieter unseren Ältesten, der sich gerade noch einen Schokoriegel zur Stärkung gönnt und dann eisern weiter streitet, dann kommt Marlies, die bisher noch nicht einmal aufs Auto umgestiegen ist und mit hoher Trittfrequenz unbeirrt jeden Anstieg meistert, nicht die schnellste, aber auch nie die letzte. Drei oder vier meiner Mitstreiter kann ich noch einholen und dann kommen auch schon die ersten Häuser und unser kleines Hotel rechts hinter einem Park. Jeder neu Ankommende wird mit einem Jubel und einer Flasche Bier begrüßt und nimmt am Tisch Platz neben dem im Kamin ein lustiges Feuerchen prasselt. Es ist genau 18 Uhr als die drei letzten gemeinsam ankommen und gefeiert werden. Der härteste Tag bis jetzt für meine Reisegruppe und auch für mich anspruchsvoll, aber ich merke, dass ich mich inzwischen schon wieder gut ans Fahren gewöhnt habe und wäre heute wohl auch noch weiter und höher gekommen, bin aber dann doch ganz froh unter der warmen Dusche zu stehen und mich berieseln zu lassen.
Das Abendessen nehmen wir in einer kommunalen Gaststätte, die von einigen Hausfrauen des Dorfes betrieben wird. Entsprechend deftig, aber super lecker ist das Essen, alles sieht gut aus, ob Hammel oder Schwein und ich entscheide mich für Kohlrollädchen mit Hackfleisch und Reis gefüllt und teile mir noch eine halbe Portion in Porree geschmortes Schweinefleisch.
Das Lokal teilen wir uns mit 30 Kindern, die einen Höllenlärm veranstalten, heute ist eine Art griechischer Fasching, der letzte Tag an dem viel gegrilltes Fleisch gegessen wird, bevor in den nächsten Tagen die vorösterliche Fastenzeit beginnt. Das Besondere hier in Livadi ist, dass die Kids alle selbst zusammen ins Lokal gehen, ohne die Erwachsenen und auch selbst bezahlen. Um Platz zu schaffen räumen wir nach üppigem Mahl das Lokal und Pilgern zurück ins Hotel, wo ich die Bilder von der Kamera auf das Notebook lade und den Tag noch einmal an mir vorbeiziehen lasse.